Aktuell ist es wieder in allen Reitsportmagazinen zu lesen: Herpes ist ausgebrochen! Nach einem Turnier in Spanien, bei dem sich mehrere Pferde unbemerkt angesteckt haben, wurde die Krankheit in Ställe weltweit weitergetragen. Seitdem haben viele Stuten ihre Fohlen verloren, viele Pferde sind teils schwer erkrankt oder sogar eingegangen. Reitturniere wurden vorsorglich bis Ende März abgesagt, was schon wegen der aktuellen Coronalage ein bisschen paradox klingt. Veranstaltungen dürften trotz Corona stattfinden und werden wegen eines anderen Virus abgesagt. Doch das ist selbstverständlich: Während es beim Menschen mit ein paar Bläschen an den Lippen verbunden wird, ist Herpes beim Pferd eine deutlich ernstere Geschichte. Und ohnehin schon ziemlich weit verbreitet. Da der Herpesvirus im Körper schlummern kann und nur unter bestimmten Bedingungen ausbricht, kommt es oft nur alle paar Jahre zu einem Ausbruch. Auch das macht Herpes so gefährlich.

Letztes Jahr ist auch bei uns im Kreis Herpes ausgebrochen. Da es nicht gleich als Herpes erkannt worden ist, da der Virus nicht so leicht nachweisbar ist, wurde den Pferdebesitzern geraten, die Pferde von dem betroffenen Stall wegzuholen. Man befürchtete Probleme mit dem Futter oder sogar eine Vergiftung, sogar die Staatsanwaltschaft hat ermittelt. So kam es, dass infizierte Pferde weggebracht wurden, der Virus später ausgebrochen ist oder andere Pferde angesteckt wurden. So, wie es auch in diesem Jahr passiert ist. Man brachte seine Pferde nach Hause, in den sicheren Stall, und dort nahm das Schicksal seinen Lauf.

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Der Herpesvirus wird durch Tröpfcheninfektion von einem Pferd zum anderen übertragbar, beispielsweise wenn ein Pferd das andere anhustet oder von der tragenden Mutterstute auf das Fohlen. Allerdings kann der Virus unter bestimmten Bedingungen auch über den Menschen übertragen werden, beispielsweise wenn ein Pferd den Menschen anschnaubt und dieser Schnodder an der Jacke an die Nase eines anderen Pferdes gerät. Wenn das Pferd sich mit dem Virus infiziert hat, zieht sich der Virus in bestimmte Nervenknoten zurück und entzieht sich so dem Immunsystem des Pferdes. Er ist versteckt und schlummert. So kann ein Pferd den Virus jahrelang in sich tragen, ohne zu erkranken. Infizierte Pferde sind also nicht automatisch krank. Erst wenn der Virus reaktiviert wird und sich wieder vermehrt, kann es auch zu einer Erkrankung kommen. Dass der Virus aus seinem „Versteck“ kommt, passiert meistens dann, wenn das Immunsystem des Pferdes geschwächt ist, beispielsweise bei Stress oder bei besonderer Belastung wie hohe körperliche Anstrengungen, fremde Umgebungen oder der Verlust einer Bezugsperson. Auch das Absetzen eines Fohlens von der Mutter kann eine solche Stresssituation sein oder eben der Satrt auf einem Turnier.

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Auch die Erkrankung verläuft bei Pferden unterschiedlich. Bei manchen verläuft die Erkrankung nur wie eine heftige Erkältung, mit erhöhter Temperatur und Augen- und Nasenausfluss. Bei schweren und langwierigen Erkrankungen kann es zu einer Lungenentzündung kommen.  Bei trächtigen Stuten kann es zum Virusabort kommen oder das Fohlen kommt zwar lebend auf die Welt, stirbt aber wenige Tage nach der Geburt. Im dritten Fall kann die Erkrankung das Nervensystem befallen und mit Lähmungen und Koordinationsstörungen einhergehen. Dieser Verlauf ist am gefürchtetsten, denn auch dieser Verlauf beginnt mit einer kurzen Fieberphase. Erst nach einigen Tagen werden plötzlich Koordinationsstörungen oder auch Lähmungen beobachtet, die insbesondere die Hinterhand betreffen. Die neurologischen Ausfälle führen bis zum Verlust der Kraft eigenständig zu Stehen.

 

Eine wirksame Möglichkeit, Pferde vor den Folgen einer Herpes-Infektion zu schützen, ist eine Impfung. Eine Impfung mit den Virenstämmen EHV 1 und EHV 4 bietet einen umfassenden Schutz. Durch die Impfung kann einer akuten Erkrankung vorgebeugt und die Ansteckungsgefahr für andere Pferde reduziert werden. Die Impfung gegen Herpes trainiert außerdem das Immunsystem der Tiere zweimal im Jahr. So wird das Immunsystem auf Erreger vorbereitet. Außerdem scheiden geimpfte Pferde nur etwa 10 % der Viren im Vergleich zu ungeimpften Pferden. Somit schützt eine Impfung den ganzen Bestand, da weniger Erreger verbreitet werden und so der Infektionsdruck reduziert wird. Für Zuchtstuten ist eine Herpesimpfung fast selbstverständlich, Sport- und Freizeitpferde hingegen sind oft nicht geimpft. So kann der Virus sich dann auch gut verbreiten.

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Damit ein kontinuierlicher Schutz besteht, müssen die Impfintervalle nach erfolgter Grundimmunisierung eingehalten werden. Denn wird nicht zweimal im Jahr geimpft, verfällt auch der Impfschutz. Um die Herpesimpfung kursieren zahlreiche Gerüchte und Schauergeschichten: Die Impfung würde eh nichts bringen, Pferde wären hinterher wochenlang krank oder Schlimmeres. Gerade alte Pferde werden oft nicht geimpft, weil man Angst um sein Pferd hat. Ich gebe zu, auch bei uns waren das Gründe, unsere Pferde nicht gegen Herpes zu impfen. Unser Tierarzt hat uns jedoch aufgeklärt, dass der moderne Impfstoff kaum noch Nebenwirkungen hat. Leicht erhöhte Temperatur, leichte Mattheit oder eine leichte Schwellung der Einstichstelle sind das Schlimmste, was zu befürchten ist. Unsere beiden, 23 und 28, letztere mit schwerem Herzfehler, haben die Impfung problemlos und ohne jegliche Nebenwirkungen weggesteckt. Bei uns hat sich der Stallbesitzer gewünscht, dass möglichst alle Pferde geimpft werden. Dem sind tatsächlich auch fast alle Einsteller nachgekommen. Zudem wurde ein Reiseverbot ausgesprochen, wie bei sehr vielen Ställen in unserer Umgebung. Schmiede, Tierärzte, Physiotherapeuten etc wurden um noch gründlichere Hygienemaßnahmen gebeten, bei uns im Stall stehen Seife und Desinfektionsspray alleine schon wegen der COrona Pandemie immer bereit.

 

Denn nur so kann, abgesehen von der Impfung, eine Virusausbreitung vermieden werden: Erkrankte Pferde isolieren, direkten und indirekten Kontakt vermeiden, Stallungen des infizierten Pferdes gründlich desinfizieren, Hygienemaßnahmen, keine Aufnahme fremder Pferde und mindestens drei Wochen Ruhe des gefährdeten Betriebs. Bei uns wurde Anfang Dezember eine Frist von sechs Wochen gesetzt. In dieser Zeit wurde beobachtet, ob neue Erkrankungsfälle auftraten. Da dies zum Glück nicht der Fall war, lief alles ab Mitte Januar wieder seinen gewohnten Gang. Zumindest bis im März Corona kam...Aber natürlich wird die Impfung jedes Jahr aufgefrischt. Sonst hätte man sich das Geld für die Grundimmunisierung auch gleich schenken können. Und auch unser Tierarzt kommt von selbst auf uns zu, sobald die Impfung wieder ansteht. Ich bin sehr beruhigt, dass die Pferde an unserem Stall geimpft sind, jetzt, wo die Erkrankung wieder vermehrt auftritt. Auch im Nachbarkreis sind zuletzt wieder Fälle aufgetreten. So schlimm das Schicksal für die Einzelnen ist, wir bei uns sind vorbereitet.

Sind eure Pferde gegen Herpes geimpft? Habt ihr schon mal Herpesfälle in eurer Umgebung gehabt? Erzählt mir davon in den Kommentaren!