Ab ins Gelände, kann ja nicht so schwer sein!

Diesen Satz habe ich bereits mehrfach zu Hören bekommen. Wenig später kam das Pferd alleine zurück auf den Hof, der Reiter zu Fuß überzogen mit einer Staubschicht oder nach dem Ausritt kamen Pferd und Reiter gestresst zurück.

Kaum zu erkennen für wen von beiden es anstrengender war und keuchend wird einem ein: "Mit dem geh ich nie wieder ins Gelände, der ist lebensgefährlich!" entgegen gefeuert. Aber ist „der“ das wirklich?

Ich wage zu behaupten: Nein!

Sicherlich gibt es Pferde, die nie entspannt ins Gelände gehen werden. Aber mit Geduld und ein paar Lehrstunden, steht einem Ausritt nichts im Wege. Genau da sind wir an dem springenden Punkt: Lernen! Die richtige Vorbereitung macht’s.

Und wie heißt es noch so schön: Die größte Angst sitzt oben drauf! Leider muss ich immer wieder feststellen, dass es tatsächlich so ist. Wenn ich schon höre: „Ich gehe heute ausreiten, hoffentlich überlebe ich das!“, da stellen sich mir die Nackenhaare auf. Wenn ich mir dieser Einstellung an einen Ausritt rangehe, kann das ja nichts werden. Bin ich nervös, ist mein Pferd nervös. Wer dann auch noch der Meinung ist gleich alleine die große Runde rauszugehen, hat selber Schuld wenn es schief geht.

Der erste Schritt zum Ausritt findet nicht im Gelände statt, sondern beginnt vom Boden aus im Alltag. Was für uns harmlos ist, ist für das Pferd noch lange nicht ungefährlich. Eine solide Vertrauensbasis ist das A und O für einen Ausritt. Es ist wichtig, dass sich das Pferd auch in Gefahrensituationen kontrollieren lässt und nicht kopflos die Flucht ergreift und der Reiter mit gesenktem Kopf zurück auf den Hof kommt, in der Hoffnung, dass das Pferd hier bereits angekommen ist. Sollte euer Pferd Angst haben, lasst es gucken. Oftmals reicht es schon, wenn man sich selbst neben das Objekt der Gefahr stellt. Meinem Pferd sehe ich dann an, wie er sich entspannt. Getreu dem Motto: „Wenn es meinen Menschen nicht frisst, dann frisst es mich ja wohl auch nicht?!
Arbeitetet gezielt an dem, wovor euer Pferd Angst hat. Hat euer Pferd das P in den Augen, sobald Trecker nur zu hören sind, versucht so oft wie möglich die Chance zu nutzen euer Pferd mit dem Angstobjekt vertraut zu machen. Zunächst selbstverständlich im stehenden Zustand mit ausgeschaltetem Motor, später dann mit laufendem Motor und fahrendem Traktor. Sicherlich gibt es auch Pferde, die sich niemals mit dem Objekt ihrer Angst auseinander setzen möchten, hier hilft oft Zeit und Geduld.  

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Ebenso wichtig wie das Vertrauen ist ein gewisses Maß an Dressur. Ja, auch im Gelände ist Dressur wichtig. Das Pferd sollte kontrollierbar sein und das immer und in jeder Situation. In der Realität leider nicht immer möglich, aber es gibt nichts schlimmeres, wenn ein Pferd zur Seite springt, auf der Hinterhand kehrt macht und die Flucht ergreift und sich hierbei nicht durchparieren lässt.

Um euer Pferd auf die ersten Schritte im Gelände vorzubereiten, könnt ihr auch nach dem Reiten eine kleine Runde über den Hof gehen und sei es nur von der Halle bis zum Reitplatz und zurück. Auch hier kann euer Pferd bereits mit Vögeln im Gebüsch konfrontiert werden oder mit einem Hund der plötzlich hinter den Hängern heraus kommt. Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht und mein Pferd wurde Tag für Tag, Runde für Runde um die Halle entspannter.
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Zu zweit ist alles leichter, sowohl für euch, als auch für euer Pferd. Daher entscheidet euch für den ersten Ausritt für eine kleine Runde in Begleitung. Es bietet sich an ein erfahrenes Pferd vorweg gehen zu lassen, das unerfahrene Pferd hinterher und wieder ein erfahrenes Pferd am Ende. Ebenso wichtig wie erfahrene Pferde als Begleitung, sind auch erfahrene Reiter eine große Entlastung. Die erste Strecke im Gelände sollte eine möglichst einfache Strecke sein, ohne Hindernisse. Wichtig ist: Lasst euer Pferd links und rechts gucken und bleibt ruhig auch stehen, damit euer Pferd sich etwas angucken kann, wovor es Angst hat.
Und nicht zu vergessen: Loben, loben, loben! Passiert euer Pferd ein Angstobjekt artig, sofort loben.

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Sobald euer Pferd im Gelände Vertrauen gefasst hat, könnt ihr euch an schwierigere Wege machen. Auch hier ist zu empfehlen in Begleitung ins Gelände zu gehen. Unebener Boden, kleine Gräben und Bäche machen das Pferd trittsicher und stärken das Vertrauen zwischen euch. Wichtig ist hierbei auch diese Wege zunächst im Schritt zu passieren und nicht gleich zu erwarten, dass das Pferd auf unebenen Boden traben oder galoppieren kann. Zum Beispiel ist mein Pferd bei dem ersten Galopp im Gelände über jeden Grasbüschel gesprungen, der höher als die anderen war. Ein komisches Gefühl sowohl für mich, als auch für ihn.

Nachdem euer Pferd auch im Gelände gut auf die Hilfen reagiert, können auch Trab und Galopp mit in den täglichen Ausritt eingebaut werden. Im Idealfall würde ich die ersten Ausritte mit Trab und Galopp erneut in Begleitung zweier erfahrener Pferde und Reiter absolvieren, die das unerfahrene Pferd in die Mitte nehmen. Der erste Trab und der erste Galopp sollten ebenfalls auf einem einfachen Weg ohne viele Kurven und Schlenker stattfinden, sodass sich das Pferd zunächst an den ungewohnten Boden gewöhnen kann.

IMG 5024Was wohl das wichtigste ist: Die Routine macht es. Wer einmal im Monat ins Gelände geht, darf sich nicht wundern, wenn das Pferd vor Kleinigkeiten die Flucht ergreift. Geht man regelmäßig ins Gelände merkt man, wie von Tour zu Tour das Pferd entspannter wird und schon bald ist der Vogel im Gebüsch kein Problem mehr.

Abschließend ist zu sagen: Kappe auf, Ruhe bewahren und loben, loben und loben sind die wichtigste Bestandteile. Es gilt Safety first. Fühlt ihr euch unwohl im Gelände, geht einen Schritt zurück und arbeitet nochmal an der Basis. Und bitte beachtet: Nicht jedes Pferd ist gleich und für jedes Pferd ist das geschriebene Vorgehen die Lösung für Probleme im Gelände.

 

Liebe Grüße, 

 Aileen